Montag, 3. September 2012

Eifel-Tour mit viel See-Erlebnis (2)

Urftsee mit wenig Wasser, oben ragt der Turm der Nazigebäude hervor

 

- schwungvoll und gutgelaunt weiter im Nationalparkrevier


Noch durchqueren wir den Kurpark. Es lohnt wirklich, diesen lauschigen Abschnitt mitzunehmen. Die schattige Anlage ist genau der richtige Ausgleich zu dem eben zurückgelegten Kilometer entlang der geräuschvollen Einfallschneise. Endlich wieder Ruhe. Und gegenüber auf der rechten Seite steigt der steile Hang des Kermeterwalds an. Aus dieser Richtung mussten wir uns vor Jahren noch des öfteren das grausige Geballer der unweit stationierten Natotruppen anhören. Nach deren Abzug nimmt nur noch hin und wieder ein Jäger die Hand zum Abzug ... Das war's.
Am Ende des Kurgartens ein Brücklein - schade, noch zu früh für eine lauschige Rast, wir wechseln die Bachseite und erreichen den Wanderparkplatz. Weil noch von morgendlichem Tatendrang erfüllt, wählen wir die etwas ansteigende Wegvariante zum Anfang des Nationalparks und können einige ansehnliche  ältere Gebäude entdecken. So bleibt Gemünd in bester Erinnerung.
Etliche Kilometer gut ausgebauter, feingeschottertet Waldweg sind bis zum Anfang des Urftsees zu genießen. Immer schön flach bis leichtest wellig. Dafür benötigt man kein Pedelec. Das immer müder fließende Gewässer liegt etwas unterhalb und verbreitert sich zunehmend. Zur Zeit verbreitert sich allerdings lediglich der Querschnitt des Bachlaufs, der Wasserstand selbst läßt zu wünschen übrig: man hat die Sperre wohl kräftig zur Ader gelassen. Die breiten Uferflanken sind dicht mit frischem, jungen Grün bewachsen, was etwas unwirklich anmutet. Der homo faber werkelt also auch im Nationalpark munter herum...
So geht es speditiv voran - links das Bachtal, rechts der Kermeterhang - überwölbt von dichten Baumkronen. Die letzten Spuren der militärischen Vergangenheit in Gestalt verfallender Baracken sind mittlerweile auch entfernt. So fühlt man sich aufgehoben in ansprechend aufbereiteter Naturumgebung und nickt beschwingt den ersten entgegenrollenden Pedeleckern zu, danach noch einigen frühaufgetauten Wandertrupps. Schließlich erreichen wir die filigrane Hängebrücke, die seit einigen Jahren vom abgelegenen Ufer den Zugang zur sogenannten 'Burg Vogelsang' ermöglicht. Ein älteres Radlerpaar hält bereits die Rastbank am Brückenkopf besetzt und nutzt den schönen Morgen zum ausgiebigen Zeitungsstudium, souveräne Stammgäste bei entsprechender Wetterlage. Alles erscheint so friedlich. Der Weg führt jetzt direkt am Ufer des Urftsees vorbei, Wasserstand allerdings nach wie vor unergiebig. Eine bei normalem Stauniveau als romantische kleine Waldinsel herausragende Erhebung entpuppt sich nun als stinknormaler, mit dem Festland verbundener, Hügel. Die fast unbewachsenen Felsen zur Rechten sind ab hier mit wehrhaftem Drahtwerk zum Schutz des Weges vor Steinschlag überzogen. Für einen Nationalpark wiederum eine eigenartige Unterbindung natürlicher Abläufe - aber wer wollte wohl von herabstürzenden Felsbrocken geplättete Besucher verantworten?! Alles hat hier eben seine Berechtigung und fügt sich hervorragend in das Gesamtbild ein. Das gilt wohl auch für unseren Heimatstolz, die grandiose Burg, deren trutziger Turm bald vom Uferweg ins Blickfeld rückt. Wer hat sich nicht alles verdient gemacht um den Erhalt dieser Zierde des Nationalparks. Ein Touristenmagnet, ca. 2x auch vom Führer besucht. Von der ansässigen Bevölkerung triumphal begleitet des Reichskanzlers damalige Reise zum Ort der Abrichtung seiner Junker. Und heute profitieren wir Nachfahren (Nachradelnden, Nachlatschenden) von damaligen Investitionen in eine unerschlossene (und anfänglich wohl auch etwas unentschlossene) Gegend. Woher die Mittel zum Bau stammten, war vor Urzeiten so unerheblich wie heute die Euromillionen für seine gesinnungsneutrale Umnutzung. So wird die original altdeutsch erhaltene Nazikneipe ('Denkmal') nicht zur Bewirtschaftung freigegeben, damit dort niemand auf den Gedanken kommt, das zum Ambiente vielleicht passende Liedgut zu intonieren. Hingegen steht allerdings das Junkerschwimmbad mit seinem Monumentalmosaik im völkischen Stil exclusiven Vereinswasserratten zur Verfügung. Und es ist anrührend zu erfahren, dass viele Grundschüler der umgebenden Dörfer auch während der Stationierungszeit ausländischer Truppen dort ihre ersten Seepferdchenübungen exerzieren durften - wo ansonsten das ganze Gelände hermetisch abgeriegelt und praktisch für jeden Außenstehenden unzugänglich war. Heute können wir unbeschwert durchatmen und durchradeln, die Phase des Abriegelns gehört zur Vergangenheit, wir leben in Zeiten kontrollierter Berührungsmöglichkeiten.

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